Kommunikation

von der Kunst, bereichernde Gespräche zu gestalten

Kinder entwickeln mehr Selbstbewusstsein, wenn sie lernen, sich selbst und ihre Gefühle wahrzunehmen und einzuordnen. Darüber hinaus wächst ihr Selbstwertgefühl, wenn sie diese Erlebnisse mit wichtigen Bezugspersonen teilen können und sich von diesen angenommen und verstanden fühlen. Gute Gespräche bieten Kindern eine wunderbare Möglichkeit, sich selbst besser kennen zu lernen,  über sich nachzudenken und sich selbst und andere besser zu verstehen.

Gute Gespräche stärken letztendlich aber auch das Selbstvertrauen von Kindern und Jugendlichen. Denn Kinder und Jugendliche kommen häufig von selbst auf gute Lösungen für kleinere und grössere Schwierigkeiten, wenn es Eltern gelingt, aktiv zuzuhören.

Zuhörer-Fertigkeiten sind ein grosses Plus.

Wenn wir Kinder dazu ermutigen möchten, von sich und ihren Erlebnissen zu erzählen oder selbständig zu einer Einsicht oder Lösung zu gelangen, sollten wir auf vorschnelle Ratschläge verzichten. Aber auch wenn man einfach still dasitzt und das Kind aufmunternd ansieht ebben Gespräche meist abrupt ab.

Wenn wir für eine fruchtbare Gesprächsatmosphäre sorgen möchten, können wir aktiv anstatt passiv zuhören. Genauer gesagt schaffen wir günstige Bedingungen, die es dem Kind erleichtern, in ein Gespräch einzusteigen und von sich zu erzählen.

„Ich bin für dich da und nehme mir Zeit.“

Ob in der Freizeit, zu Hause oder am Arbeitsplatz: persönliche Gespräche versiegen schnell, wenn man den Eindruck hat, das Gegenüber sei nicht richtig bei der Sache. Wir fühlen uns nicht ernst genommen, wenn wir anderen unser Herz ausschütten oder von einem Projekt erzählen, während diese immer wieder auf die Uhr sehen oder auf ihrem Handy herumtippen. Es ist einfacher, sich zu öffnen, wenn wir merken, dass das Gegenüber wirklich zuhört. Dies können Sie Ihrem Kind mit einigen kleinen Signalen deutlich machen:

Wir signalisieren Interesse, indem wir regelmässig Blickkontakt aufnehmen und bestätigend nicken. Weiterhin zeigt eine leicht nach vorn gebeugte, offene Körperhaltung, dass wir dem Gegenüber zugewandt sind und seinen Erzählungen aufmerksam folgen.

Es gibt noch weitere Signale, die an Ihr Kind die Botschaft senden: „Ich bin wirklich da und möchte mehr erfahren.“

  • Vielen Kindern gefällt es, wenn man sich für das Gespräch auf die gleiche Augenhöhe begibt. Sie können zum Beispiel in die Hocke gehen oder sich zu Ihrem Kind auf den Boden setzten.
  • Sie können Ihr Kind auch zu einem Gespräch einladen, indem Sie ihm einen Stuhl anbieten oder vielleicht sogar ein Getränk oder ein paar Kekse auf den Tisch stellen. Wenn Sie sich auf diese Weise mit Ihrem Kind an den Tisch setzen, vermitteln Sie ihm ohne viele Worte: „Ich nehme mir Zeit.“
  • Unterbricht eine SMS oder ein Anruf Ihr Gespräch können Sie sagen: „Ich rufe später zurück“ und damit zeigen, dass Ihre Prioritäten ganz klar beim Gespräch mit Ihrem Kind liegen.
  • Viele Kinder -insbesondere Buben- tauen eher auf, wenn Gespräche beiläufig stattfinden. Gemeinsame Spaziergänge mit dem Hund, eine längere Autofahrt oder nebeneinander her arbeiten im Garten oder beim Puzzle-Spiel bieten oft gute Einstiegspunkte. Viele Eltern erzählen uns, dass sich für ihre Kinder nach der Gute-Nacht-Geschichte ein günstiger Moment bietet, um über die Erlebnisse des Tages zu sprechen.
  • Kinder öffnen sich eher, wenn sie sich im Gespräch nicht verbiegen müssen. Hibbelige Kinder laufen während eines Gespräches vielleicht gerne umher oder kippeln mit dem Stuhl. Anderen Kindern ist ein dauernder Augenkontakt unangenehm. Diese Kinder sehen vielleicht lieber an Ihnen  vorbei oder drehen Ihnen ihr dominantes Ohr zu, um genau zuhören zu können. Je mehr es Ihnen gelingt, sich in tieferen Gesprächen auf die Besonderheiten Ihres Kindes einzulassen und diese zu akzeptieren, desto bereichernder werden diese Situationen verlaufen.

Kluge Fragen stellen

Gute Fragen erleichtern es Kindern, über sich und ihre Gedanken, Gefühle und Erlebnisse zu sprechen. Die W-Fragen (wer, wie, was, wann, mit wem) helfen dem Kind dabei, seine Erlebnisse genauer zu beschreiben.

Eine W-Frage sollten Sie jedoch lieber verbannen: die warum-Frage. Kinder fühlen sich bei diesen Fragen oft angegriffen und haben das Gefühl, sich erklären oder rechtfertigen zu müssen. Auch den meisten Erwachsenen fällt es schwer, auf Anhieb zu benennen, aus welchem Grund sie sich auf eine gewisse Weise verhalten oder gefühlt haben. Eine Reihe von warum- Fragen kann selbst das tiefste Gespräch zum Stillstand bringen.

Setzen Sie stattdessen lieber auf kurze, (meist) offene Fragen:

  • Und wie ging es dann weiter? Und dann? (nicht bohrend, sondern interessiert)
  • Und was hast du dann gemacht? …gedacht? Wie war das für dich?
  • Wer war noch alles dabei? Aha…und was magst du an Ramona?

Geben Sie etwas Persönliches preis

Wenn eine Freundschaft sich langsam entwickeln, lässt sich häufig beobachten, dass die Gespräche mit der Zeit immer vertrauter werden. Die Gesprächspartner sind mehr und mehr bereit, dem Anderen auch persönliche Einblicke in die eigenen Gedanken und Emotionen zu gewähren. Dabei vollführt man im Gespräch ein unsichtbares Ping-Pong-Spiel: Eine persönliche Äusserung des Einen stösst den Gegenspieler dazu an, etwas privates zu teilen. Dies schafft Vertrauen.

Gespräche mit Kindern verlaufen in diesem Bezug meistens sehr einseitig.  Eltern wissen eine Menge über ihre Kinder, aber was wissen unsere Kinder eigentlich über uns?

Selbstverständlich sollen und müssen Kinder nicht alles wissen. Manche Informationen sind zu persönlich oder nicht altersangemessen. Dennoch sind Kinder in den meisten Fällen sehr neugierig auf die Geschichten ihrer Eltern und öffnen sich auch stärker, wenn wir ihnen einen grösseren Einblick in unser Leben und unsere Geschichte geben. Die meisten Kinder lauschen gespannt, wenn wir ihnen von unserer eigenen Kindheit erzählen. Solche Kindheitserlebnisse können auch den Boden für schwierige Gespräche bereiten. Einem Kind, das gehänselt wird, hilft es beispielsweise als Gesprächseinstieg sehr, wenn sein Papa von diesem miesen Typen erzählt, der ihn in der sechsten Klasse immer schikaniert hat.

Wie aktives Zuhören im Alltag gelingen kann, fasst der Film mit dem kleinen Biber zusammen:

Das gesammelte Wissen unseres Teams zur Frage, was Kinder stark macht, geben wir in kompakter Form in unseren Elternseminaren und Tagesweiterbildungen weiter.